MIETRECHT
Das Mietrecht umfasst die vielfältigen
Problemkreise im Zusammenhang mit Miet- und Pachtverträgen.
Dies
fängt an bei der Gestaltung von
individuellen Miet- oder Pachtverträgen und führt hin zur
außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung und Abwehr aller aus
dem Mietverhältnis entstehender Ansprüche (z. B. Kündigung,
Mietminderung,
Mängelbeseitigung, Nebenkostenabrechnung,
Räumung).
Aktuelle
Mietrechtsurteile:
Anspruch des
Mieters auf Mangelbeseitigung während der Mietzeit unverjährbar
Der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 104/09) hat am
17.02.2010 entschieden, dass
der Anspruch eines Mieters gegen den Vermieter auf Beseitigung von
Mängeln während der Mietzeit unverjährbar ist.
Die Klägerin ist seit 1959 Mieterin einer Wohnung in
einem Mehrfamilienhaus der Beklagten. Das über der Wohnung der Klägerin
liegende Dachgeschoss war im Jahr 1990 zu Wohnzwecken ausgebaut worden.
Im Oktober 2006 verlangte die Klägerin von den Beklagten schriftlich
die Herstellung einer ausreichenden Schallschutzisolierung der
Dachgeschosswohnung. Sie ließ im Jahr 2007 ein
Beweissicherungsverfahren durchführen, bei dem festgestellt wurde, dass
der Schallschutz unzureichend ist. Mit der Klage hat die Mieterin eine
Verbesserung des Trittschallschutzes in der Dachgeschosswohnung
verlangt. Die beklagten Vermieter haben Verjährung geltend gemacht. Vor
dem Amtsgericht ist die Klage erfolglos geblieben. Das Landgericht hat
ihr auf die Berufung der Klägerin stattgegeben.
Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte
keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige
VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der
Mietgebrauch der Klägerin durch den unzureichenden Schallschutz
beeinträchtigt wird und sie deshalb gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2
BGB
Herstellung des erforderlichen Schallschutzes verlangen kann. Dieser
Anspruch ist nicht verjährt. Der Anspruch des Mieters auf Beseitigung
eines Mangels als Teil des Gebrauchserhaltungsanspruchs ist während der
Mietzeit unverjährbar. Bei der Hauptleistungspflicht des Vermieters aus
§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB handelt es sich um eine in die
Zukunft
gerichtete Dauerverpflichtung. Diese Pflicht erschöpft sich nicht in
einer einmaligen Handlung des Überlassens, sondern geht dahin, die
Mietsache während der gesamten Mietzeit in einem gebrauchstauglichen
Zustand zu erhalten. Eine solche vertragliche Dauerverpflichtung kann
während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht
verjähren, denn sie entsteht während dieses Zeitraums gleichsam ständig
neu.
Eigenbedarfskündigung
wegen des Wohnbedarfs einer Nichte des Vermieters
wirksam
Der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 159/09) hat am
27.01.2010 entschieden, dass die
Eigenbedarfskündigung wegen des Wohnbedarfs einer Nichte des Vermieters
wirksam ist.
Im Sommer 2004 zog die damals 85-jährige Klägerin
aus ihrer Eigentumswohnung in Baden-Baden aus und übersiedelte in eine
nahe gelegene Seniorenresidenz. Sie vermietete die Wohnung ab September
2004 an die Beklagten zu einer monatlichen Miete von 1.050 €. Im August
2007 übertrug die verwitwete und kinderlose Klägerin das Eigentum an
der Wohnung im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihre Nichte; dabei
behielt sie sich einen Nießbrauch an der Wohnung vor. In dem
Übertragungsvertrag verpflichtete sich die Nichte als Gegenleistung
gegenüber der Klägerin, auf Lebenszeit deren Haushalt in der
Seniorenresidenz zu versorgen und die häusliche Grundpflege der
Klägerin zu übernehmen. Durch Anwaltsschreiben ließ die Klägerin seit
August 2007 mehrfach Kündigungen des mit den Beklagten bestehenden
Mietverhältnisses aussprechen. Als Kündigungsgrund wurde auch
Eigenbedarf für die Nichte aufgrund der Pflegevereinbarung im Vertrag
vom August 2007 geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die anschließend
von der Vermieterin erhobene Räumungsklage abgewiesen. Das Landgericht
hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die dagegen
gerichtete Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der unter anderem für
das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Nichte der Klägerin als
Familienangehörige im Sinne § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB anzusehen ist und
die Eigenbedarfskündigung deshalb berechtigt war. Der Bundesgerichtshof
hat in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 573 Abs. 2 Nr.
2 BGB ausgeführt, dass nicht nur Geschwister, sondern auch deren Kinder
noch so eng mit dem Vermieter verwandt sind, dass es nicht darauf
ankommt, ob im Einzelfall eine besondere persönliche Beziehung oder
soziale Bindung zum Vermieter besteht.
Schönheitsreparaturenklausel:
Unwirksame Farbwahlklausel für den Innenanstrich der Türen
und Fenster
Der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 50/09) hat am
20.01.2010 seine Rechtsprechung zu
sogenannten Farbwahlklauseln im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturen
fortgeführt und entschieden, dass eine in einem Wohnraummietvertrag
enthaltene Farbvorgabe für den Innenanstrich der Türen und Fenster den
Mieter unangemessen benachteiligt.
Die beklagte Mieterin einer Wohnung in Berlin war
aufgrund eines Formularmietvertrages zur Übernahme der
Schönheitsreparaturen verpflichtet. In § 4 Nr. 6 des
Vertrages ist
unter anderem bestimmt:
"Der Mieter ist verpflichtet, die während des
Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten
durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt
auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das
Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre,
der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen …"
Eine Anlage zum Mietvertrag enthält ferner den folgenden
Zusatz:
"Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind
die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen
Kunststoff-, Aluminium- und Dachfenster, sowie fertig beschichtete
Türblätter) nur weiß zu lackieren …"
Mit der Klage verlangt die Vermieterin nach
Beendigung des Mietverhältnisses (soweit im Revisionsverfahren noch von
Interesse) Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.
Die Klage ist in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg geblieben.
Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in der Anlage des
Mietvertrages enthaltene Farbvorgabe ("weiß") für den Anstrich der
Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür gemäß §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Damit hat der Bundesgerichtshof
seine Rechtsprechung bestätigt, dass Schönheitsreparatur-klauseln, die
den Mieter auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm
vorgegebenen Farbe verpflichten und ihn dadurch in der Gestaltung
seines persönlichen Lebensbereichs einschränken, ohne dass dafür ein
anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht, der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten (vgl. dazu
BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 166/08, Pressemitteilung
Nr. 35/2009).
Die unzulässige Farbvorgabe führt zur Unwirksamkeit
der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen
schlechthin. Bei der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von
Schönheitsreparaturen handelt es sich um eine einheitliche
Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen aufspalten lässt.
Stellt sich diese Verpflichtung auf Grund unzulässiger Ausgestaltung –
sei es ihrer zeitlichen Modalitäten, ihrer Ausführungsart oder ihres
gegenständlichen Umfangs – in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, so
ist die Verpflichtung insgesamt unwirksam. Eine Aufrechterhaltung der
Klausel in der Weise, dass entweder nur die Farbvorgabe oder die
Renovierungspflicht nur bezüglich der Türen und Fenster entfällt, würde
gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Allgemeiner
Geschäftsbedingungen verstoßen.
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